Trendtage Gesundheit

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Heinz Frei

Spitzensportler und Pionier des Rollstuhlsports, Sportreferent Schweizer Paraplegiker-Vereinigung

Kurzbeschreibung

Der nachhaltige Einschnitt in mein Leben geschah mit 20 Jahren. Bis zu diesem Alter durfte ich wunderbar funktionierend, von Kopf bis Fuss die Bewegung geniessen. Wegen eines Misstritts auf einer Alpweide glitt ich aus, rutschte den Abhang hinunter, landete in einem Tobel. Der Aufprall auf den Rücken bewirkte die augenblicklich eintretende Querschnittlähmung. Die Diagnose war niederschmetternd: Herr Frei, wir werden sie hier auf ein Leben im Rollstuhl vorbereiten!

Da lag ich nun – gerade noch mit allen Wünschen, Hoffnungen und Sehnsüchten eines 20-Jährigen – der Körper unbeweglich im Bett liegend, der Kopf, die Psyche, das Selbstwertgefühl unter der Matratze liegend…!

Nie mehr auf den eigenen Beinen stehen zu können machte Angst – die tausend Fragen der Zukunft waren unbeantwortet! Wird es mir wenigstens gelingen, mein Leben mal wieder in eigene Hände zu nehmen? Dies waren meine Hoffnung und meine erste wichtigste Perspektive der Rehabilitation!

Aus meiner Situation das Bestmögliche versuchen, ohne das Resultat bereits zu kennen, war DIE Herausforderung! Dabei stellte ich fest, dass ich mich nicht in einem Lift befinde, den Knopf nach oben zur Sonnenterrasse drücken kann und die Arbeit wäre gemacht…! Es ging nur mühsam aufwärts – Stufe um Stufe – auch mal wieder eine Stufe hinunter, um Anlauf holen zu müssen, damit vielleicht mal 2 Stufen miteinander geschafft werden konnten. Ohne Geduld ging da nichts, ausser drohende Verzweiflung.

Es regte sich in dieser Zeit Widerstand gegen Abhängigkeit, Auflehnung gegen das erlittene Schicksal – eine Trotzreaktion auch gegen alles, was sich einem in den Weg stellte. Gute Freunde und ein hilfreiches Pflegepersonal waren überdies wichtig, um innerhalb dieses Umfeldes aus Dankbarkeit auch mal wieder "stark" sein zu wollen.

Letztendlich wurde diese Lebensphase eine Entdeckungsreise meiner neuen Noch-Möglichkeiten!

Meine Jugendlichkeit suchte nach Perspektiven und wollte nicht in der Sackgasse oder dem Abstellgeleise enden. Vielleicht mit folgendem Bildvergleich: Ich bog mit dem Sattelschlepper in diese enge Sackgasse ein und konnte nicht wenden, ohne diesen LKW erst mal zu entladen. Nach dem Befreien der Last konnte gewendet werden und erst auf dem weiteren Weg konnte man die Ladung nach und nach wieder auffüllen…!

Ich wurde auf diesem Weg inspiriert. Zum Beispiel vom Paraplegiker-Arzt Dr. Guido A. Zäch, der uns auf einer Arztvisite, bei der nicht gerade die beste Stimmung spürbar wurde, daran erinnerte, dass das zwischen den Ohren von Querschnittlähmung nicht betroffen sei – mit der Aufforderung diesen Kopf für die eigene Zukunft zu nutzen! Diese Aussage erinnert mich auch heute immer wieder, wenn gerade etwas mühsam wird.

Heute darf ich rückblickend feststellen, dass mir das Leben trotz Rollstuhl ungeahntes geschenkt hat.

Die Frage nach dem "was-wäre-wenn" ist hypothetisch geworden und ohne Relevanz. Ich erfreue mich an dem, was ich habe und traure nicht dem nach, was realistisch nicht mehr möglich ist.

Dabei will ich nicht nur reagierend im Leben stehen, sondern mein Glück, meine Zufriedenheit, meine Ausgeglichenheit "agierend" begünstigen.